Na, haben Sie bei diesem Titel auch ganz kurz gestutzt und überlegt, was dies wohl wieder sein könnte. Ja, heute habe ich wieder ein ganz ein besonderes Werbe-Schmankerl für meine Leser. Nach einem etwas längeren Anlauf (Teil 1, Teil 2) komme ich jetzt endlich wieder zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen, verunglückte Werbungen satirisch (und ein klein bisschen boshaft) zu zerlegen. Hier haben wir einen ganz tollen Kandidaten zum Thema Krebsvorsorge. Bevor ich einsteige, rufen wir uns nochmal ganz kurz ins Gedächtnis, was eine Werbemaßnahme in diesem Kontext idealerweise leisten sollte:
- die Angst vor der Untersuchung nehmen
- den Adressaten klarzumachen, dass eine rechtzeitige Untersuchung eine Investition in ein langes Leben und eine gesunde Zukunft ist
- die Inanspruchnahme von Vorsorgemaßnahmen zeugt von Intelligenz, die Vermeidung von Dummheit (in meinen Interviews stand der Vernunftsaspekt ganz oben)
- nachdem meine Interviewpartner fast unisono als Anstoß für eine Vorsorgemaßnahme Todes- bzw. Krankheitsfälle im Kreise der Familie und der Freunde genannt haben, folgt daraus, dass eine Werbemaßnahme es schaffen sollte, Vorsorgemaßnahmen mit einer persönlichen Note zu versehen, so dass der Adressat wirklich das Gefühl hat, es würde ihn persönlich betreffen.
- aus der Wahrnehmung eines Vorsorge-Verweigerers steht im Vordergrund die Untersuchung (mit allen Tabus und negativen Konnotationen) und ganz weit hinten das lange, gesunde Leben. Bildlich gesprochen, sollte die Werbemaßnahme den zweiten Aspekt auf ein so hohes Podest stellen, dass es deutlich besser wahrgenommen wird als die Untersuchungsmaßnahme in der nahen Zukunft.
- last, but not least sollte natürlich eine direkte Aufforderung für den nächsten Schritt erfolgen.
Sehen wir uns doch jetzt mal das Video „Das Runde muss ins Nackige! Geh zur Darmkrebsvorsorge!“ an.
Die Kreatividee an sich ist nicht schlecht, das Stilmittel „Slice of Life“ – die Umkleidekabine nach dem Sport – nicht schlecht, der erhobene Zeigefinger fehlt. Leider fokussiert sich der ganze Spot wiederum nur auf den Gang zur Untersuchung und gipfelt in der Bezeichnung „Blödarsch“ für dasjenige Hinterteil, das nicht zur Untersuchung geht.
Meiner Meinung nach bedeutet in diesem Falle wieder: knapp daneben ist eben doch daneben. Alleine der Titel hat bei mir schon für so viele Brüller gesorgt, ist aber gar nicht mal schlecht gewählt. Vielleicht vermutet der eine oder andere Adressat hinter diesem Titel einen Porno, denn wenn etwas Rundes in das Nackige muss, hmmmmmm. Vielleicht gelingt es damit die Aufmerksamkeit einer bestimmten Adressatengruppe zu erreichen, ich hab mich nur weggeschmissen vor Lachen.
Nun zum Inhalt und zu den Aussagen. Anstatt noch ein paar Sekunden mit der Argumentation weiterzumachen und den „Blödarsch“ damit zu begründen, dass blöd eben bedeutet, nicht für die Zukunft vorzusorgen, haben die Kreativen irgendwo in der Mitte aufgehört. Das wäre das gleiche, wenn man in einem Liebesroman das Happyend vergessen würde. Somit wird der „Blödarsch“ nur ganz unverbindlich adressiert und damit verschießt die an sich gute Idee Ihr komplettes (potentielles) Pulver. Man hätte sogar noch einen drauflegen können und dem Vorsorge-Verweigerer unterstellen können, dass er am Ende ein Angsthase ist, der vollkommen unbegründet eine Vorsorgemaßnahme nicht in Anspruch nimmt.
Was mich außerdem stört, ist der fehlende Call to Action. Der letzte Spruch „oder geht Ihnen Ihre Gesundheit am Arsch vorbei“ ist viel zu unverbindlich und und fordert den Adressaten nicht direkt zu einer Folgeaktion auf.
Kurz zusammengefasst: gute Idee aber auf der Hälfte der Strecke stehen geblieben. Mit etwas Vorbereitung und Beschäftigung mit der Zielgruppe wäre der deutlich mehr gegangen. Die Erfolglosigkeit dieses Videos zeigt auch die Anzahl der Aufrufe, nicht mal 10.000.
Hat Spaß gemacht, in den nächsten Wochen gibt es mehr davon. Stay tuned.
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