Wenn du shoppen gehst, bist du tot!

Eine ganz mutige Kampagne, so steht es auf jeden Fall in der Pressemitteilung (Link zur Pressemitteilung). Mit einer kreativen Agentur, die angeblich vielfältig und überraschend in Form eines Videos (siehe unten), mehrerer Radio-Spots und 6 verschiedener Anzeigenmotive ein ganz heikles Thema in Worten und Bildern umgesetzt haben. Die Kampagne thematisiert den Tod als mögliches Szenario und versucht diejenigen aufzurütteln, die das Thema Darmkrebsvorsorge bislang noch vor sich her geschoben haben.

Ein kurzer Rückgriff auf meine Tiefeninterviews lässt diese Strategie doch ziemlich eigenwillig und skurril erscheinen. Der Hauptgrund, warum meine Interviewpartner zur Krebsvorsorge gegangen sind, war die Vernunft. Interessant ist auch an dieser Stelle, dass die Felix Burda Stiftung einen Hirnforscher zur Seite hatte, der sie bei dieser Kampagne beraten hat. Aber wahrscheinlich kannte er die Ergebnisse einer empirischen Studie zur Wirkung von Schockbildern auf Zigarettenwerbungen nicht, denn sonst – dies ist mein Hauptkritikpunkt an dieser Kampagne – wäre die visuelle Umsetzung vielleicht ganz anders ausgefallen. Kurz zur Studie: die Forscher stellten fest, dass die Schockbilder (Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs, etc.) auf Zigarettenschachteln durchaus die beabsichtigte Wirkung bei Rauchern erzielen können und gleichzeitig Nichtraucher in ihrer Entscheidung bestätigen.

Sieht man sich dagegen die Bildinformation (Shoppen kann tödlich sein.) in einer der Printmotive an, so stellt sich dem Betrachter in Frage, was denn tolle, schlanke Damenbeine und Einkaufstüten mit Darmkrebsvorsorge zu tun haben. Ich habe einigen Weiterlesen

Das Runde muss ins Nackige!

Na, haben Sie bei diesem Titel auch ganz kurz gestutzt und überlegt, was dies wohl wieder sein könnte. Ja, heute habe ich wieder ein ganz ein besonderes Werbe-Schmankerl für meine Leser. Nach einem etwas längeren Anlauf (Teil 1, Teil 2) komme ich jetzt endlich wieder zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen, verunglückte Werbungen satirisch (und ein klein bisschen boshaft) zu zerlegen. Hier haben wir einen ganz tollen Kandidaten zum Thema Krebsvorsorge. Bevor ich einsteige, rufen wir uns nochmal ganz kurz ins Gedächtnis, was eine Werbemaßnahme in diesem Kontext idealerweise leisten sollte:

  1. die Angst vor der Untersuchung nehmen
  2. den Adressaten klarzumachen, dass eine rechtzeitige Untersuchung eine Investition in ein langes Leben und eine gesunde Zukunft ist
  3. die Inanspruchnahme von Vorsorgemaßnahmen zeugt von Intelligenz, die Vermeidung von Dummheit (in meinen Interviews stand der Vernunftsaspekt ganz oben)
  4. nachdem meine Interviewpartner fast unisono als Anstoß für eine Vorsorgemaßnahme Todes- bzw. Krankheitsfälle im Kreise der Familie und der Freunde genannt haben, folgt daraus, dass eine Werbemaßnahme es schaffen sollte, Vorsorgemaßnahmen mit einer persönlichen Note zu versehen, so dass der Adressat wirklich das Gefühl hat, es würde ihn persönlich betreffen.
  5. aus der Wahrnehmung eines Vorsorge-Verweigerers steht im Vordergrund die Untersuchung (mit allen Tabus und negativen Konnotationen) und ganz weit hinten das lange, gesunde Leben. Bildlich gesprochen, sollte die Werbemaßnahme den zweiten Aspekt auf ein so hohes Podest stellen, dass es deutlich besser wahrgenommen wird als die Untersuchungsmaßnahme in der nahen Zukunft.
  6. last, but not least sollte natürlich eine direkte Aufforderung für den nächsten Schritt erfolgen.

Sehen wir uns doch jetzt mal das Video „Das Runde muss ins Nackige! Geh zur Darmkrebsvorsorge!“ an.

Die Kreatividee an sich ist nicht schlecht, das Stilmittel „Slice of Life“ – die Weiterlesen

Tiefeninterviews zum Thema Krebsvorsorge oder das Testen von Bedürfnisstrukturen mit Hilfe einfacher Methoden der qualitativen Marktforschung.

Letzte Woche habe ich ganz kurz meine eigene Vorstellung zur Bedürfnisgenerierung für
Vorsorgemaßnahmen skizziert. Aber wie schon an dieser Stelle bemerkt, ist es nur die halbe Wahrheit, wenn man den eigenen Gedanken folgt und sich nicht die Mühe macht, sich ein Feedback von der Zielgruppe abzuholen. Daher könnte dieser Beitrag auch unter der Überschrift „Marktforschung leicht gemacht“ laufen. Ich bin der Meinung, dass es in jedem Fall vor dem Einstieg in die Entwicklung einer Kreatividee Sinn macht, eine kurze Validierung der eigenen Gedanken einzuschieben – eine umfangreichere bei großen/wichtigen Projekten. Im Fall dieses Cases habe ich meine eigenen Hypothesen zur Bedürfnisstruktur von Männern bezüglich Krebsvorsorgemaßnahmen auf den Prüfstand gestellt, um herauszufinden, ob ich richtig oder falsch liege.

Wie habe ich das gemacht? Ich führte zehn einfache, qualitative Tiefeninterviews mit
Zielgruppenmitgliedern, flankiert von einigen Expertengesprächen mit Ärzten. Den Interviewpartnern wurden drei einfache Fragenkomplexe gestellt, die den Einstieg in eine lebhafte Diskussion ermöglichen sollten. Hat ganz gut funktioniert. Man bezeichnet dies als qualitative, semi-strukturierte Interviewtechniken. Ziel ist es nicht, eine statistische Signifikanz (X Prozent der Befragten waren der Meinung…). Vielmehr soll durch die anregende Diskussion ein Einstieg in die Gedankengänge der Zielgruppe erreicht werden. Die Fragen waren:

  1.  Nehmen Sie Krebsvorsorgemaßnahmen in Anspruch? Welche?

  2. War dies eine emotionale oder eine Vernunftentscheidung? Was war der Anstoß für diese Entscheidung?

  3. Nutzen Sie intensiv Informationsquellen im Internet? (Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?) Überzeugen Sie diese Quellen?

Vielleicht mag jetzt der eine oder andere denken, dass zehn Interviews noch lange nicht Weiterlesen

Wie generiert man ein Bedürfnis nach einem längeren und gesunden Leben?

Es ist zweifelsohne eine sehr große Herausforderung für einen Marketer, das Bedürfnis nach einer Krebsvorsorgemaßnahme bei Männern zu generieren. Warum? Es ist ein Lehrstück für die Verarbeitung der vielfältigen Einflussfaktoren auf dem steinigen Weg zu einer Verhaltensänderung bei der Zielgruppe. Aber immer der Reihe nach, steigen wir doch bei den grundlegenden Mechanismen bei der Entstehung eines Bedürfnisses ein. Prinzipiell gibt es relativ wenige Unterschiede zwischen der Bedürfnisgenerierung für die Krebsvorsorge und für einen Autokauf. In beiden Fällen könnte zu Beginn die Erkenntnis stehen, dass man ein Problem hat (reparaturbedürftiges altes Auto, eine Zeitbombe im eigenen Körper), flankiert von einem Begehren/Wunsch (ein neues und sportliches Premium-Statussymbol, der Wunsch nach Gesundheit und längerem Leben). Erst wenn beide eine genügend große, subjektiv empfundene Stärke entwickelt haben, setzt man sich nicht nur mental, sondern wahrscheinlich auch physisch in Bewegung, um sich das Bedürfnis zu erfüllen.

Man würde es sich aber zu einfach machen, würde man an dieser Stelle innehalten und sich nicht weiter mit den Hemmschwellen beschäftigen, die einer solchen Entscheidung entgegenstehen. Während beim Auto vielleicht nur der Blick auf den Kontostand ein Weiterlesen