Es ist zweifelsohne eine sehr große Herausforderung für einen Marketer, das Bedürfnis nach einer Krebsvorsorgemaßnahme bei Männern zu generieren. Warum? Es ist ein Lehrstück für die Verarbeitung der vielfältigen Einflussfaktoren auf dem steinigen Weg zu einer Verhaltensänderung bei der Zielgruppe. Aber immer der Reihe nach, steigen wir doch bei den grundlegenden Mechanismen bei der Entstehung eines Bedürfnisses ein. Prinzipiell gibt es relativ wenige Unterschiede zwischen der Bedürfnisgenerierung für die Krebsvorsorge und für einen Autokauf. In beiden Fällen könnte zu Beginn die Erkenntnis stehen, dass man ein Problem hat (reparaturbedürftiges altes Auto, eine Zeitbombe im eigenen Körper), flankiert von einem Begehren/Wunsch (ein neues und sportliches Premium-Statussymbol, der Wunsch nach Gesundheit und längerem Leben). Erst wenn beide eine genügend große, subjektiv empfundene Stärke entwickelt haben, setzt man sich nicht nur mental, sondern wahrscheinlich auch physisch in Bewegung, um sich das Bedürfnis zu erfüllen.
Man würde es sich aber zu einfach machen, würde man an dieser Stelle innehalten und sich nicht weiter mit den Hemmschwellen beschäftigen, die einer solchen Entscheidung entgegenstehen. Während beim Auto vielleicht nur der Blick auf den Kontostand ein Hindernisgrund ist, so ist das ganze Thema Gesundheit doch in ein deutlich komplexeres Netzwerk an Vorbehalten, Ängsten und Halbwissen eingebettet. Darüber hinaus ist der Benefit beim Autokauf unmittelbar erlebbar (kaufen, rein setzen, losfahren, begeistert sein), wohingegen der einer Krebsvorsorgemaßnahme erstens in weiter Ferne liegt, zweitens dadurch konterkariert wird, in dem man sich einredet, man ist ja gesund. Letzterer Aspekt folgt der einfachen Logik: wenn ich keine Schmerzen habe, bin ich gesund. Dies ist leider ein Trugschluss, denn für eine Heilung von einigen Krebsarten ist es bereits zu spät, wenn man etwas spürt. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade Männer vermeintlich Stärke zeigen müssen und zu diesem Bild passt definitiv nicht ein Arztbesuch, denn dann wäre man ja krank und nicht mehr stark. Um die Liste der Hemmschwellen zu komplettieren, sollte nicht vergessen werden, dass die Vorsorgemaßnahmen bei bestimmten Krebsarten (zum Beispiel Prostata- und Darmkrebs) eindeutig in der Tabuzone des Mannes angesiedelt sind und deswegen bei vielen eher zu einem Satz roter Ohren bzw. zu Verdrängungsverhalten führen. Kurz zusammengefasst: die wesentliche Herausforderung für eine Werbemaßnahme besteht darin, einerseits das Bedürfnis nach einem längeren und gesunden Leben aus der Ferne in das Hier und Jetzt zu transferieren und gleichzeitig die Hemmschwellen in der Wahrnehmung so zu senken, dass sie gegenüber dem Bedürfnis klein und nichtig erscheinen.
Nun wäre es aber vermessen anzunehmen, dass man Kraft der eigenen Wassersuppe mal schnell diese These an die Wand schmeißt und dann freudig in die Entwicklung einer Kreatividee einsteigt. Ich habe mir noch eine kleine Extrarunde gegönnt und einige qualitative Tiefeninterviews mit Freunden und Bekannten geführt, um zu testen, ob diese Bedürfnisstruktur sich nicht nur in meinem Kopf manifestiert, sondern auch bei anderen Adressaten. Dazu aber mehr nächste Woche. Stay tuned.
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