Vor ca. 3 Wochen bekam ich eine wirklich äußerst spannende Anfrage über Facebook von einem, mir unbekannten, Facebook-Freund. Im Grunde genommen war dies eine Kaltakquisition, die mich doch ziemlich geärgert hat, da sie ausgesprochen unprofessionell gestaltet war. Gleichzeitig zeigte sie mir, dass Nachdenken durchaus eine Disziplin ist, die gerne in diesem sozialen Netzwerk vergessen wird. In der kleinen Abbildung finden Sie, lieber Leser, die Originalnachricht. Gehen wir ganz kurz die Böcke durch, die sich in dieser Nachricht verstecken. Orthographische und grammatikalische Schnitzer lasse ich unkommentiert.
1) Fehler: Weil wir auf Facebook befreundet sind, sind wir noch lange nicht richtige Freunde.
Von dem Verfasser dieser Nachricht bekam ich Anfang diesen Jahres eine Freundschaftsanfrage und nachdem die kurze Begutachtung seines Accounts zeigte, dass keine dubiosen Angebote zu finden waren, akzeptierte ich die Anfrage. Ich kannte und kenne ihn aber nicht. Jedenfalls nicht bewusst. Vor 3 Wochen habe ich einen Post zu unserem Tag der offenen Tür an der technischen Hochschule Deggendorf in meinem Newsfeed geteilt. Daraufhin wurde anscheinend der unternehmerische Geist meines unbekannten Facebook-Freundes geweckt und er fühlte sich bemüßigt, seine Anfrage an mich zu schicken. Nun verlassen wir einmal ganz kurz Facebook und fragen uns, ob er genau diese Ansprache (Servus wer organisiert bei euch den Tag der offenen Tür in Deggendorf.) auch in einem offiziellen Anschreiben gewählt hätte. Ich glaube, eher nein. Dies ist eine Anfrage, die ich einem guten Kumpel stelle und selbst dann verwende ich auf jeden Fall seinen Vornamen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir beide uns irgendwann mal über den Weg gelaufen sind oder uns intensiver unterhalten haben. Ich persönlich empfinde diese Anrede als respektlos, gerade weil der Verfasser eine Vertrautheit unterstellt, die anscheinend automatisch mit dem sozialen Netzwerk mitgeliefert wird, aber in der Realität eben nicht so existiert. Außerdem fehlt im weiteren Verlauf ein entscheidendes Wort. Ja, das mit den 4 Buchstaben: bitte.
2) Fehler: Unkenntnis der Organisation.
Viele Verkäufer haben keine Ahnung von der Organisation, in der sich der Adressat befindet. Ein Fehler, der auch von vermeintlichen Profi-Verkäufern immer wieder gerne gemacht wird. Insgesamt haben wir mehr als ca. 6000 Studierende, 550 Mitarbeiter, davon fast 130 Professoren. Wir sind kein niederbayerisches Wirtshaus, indem ich einfach mal schnell in die Küche brüllen muss und dem Chef sage: hey, da ist einer, der will.. Deswegen ist die Anfrage unfreiwillig witzig. Lieber Martin, zu deiner Info: Ich kenne nur ein Bruchteil der Mitarbeiter aus der Verwaltung, in erster Linie habe ich mit denen zu tun, die Vorlesungen organisieren und sich mit Prüfungsangelegenheiten beschäftigen. In Summe sind dies maximal 20 Mitarbeiter. Denjenigen herauszubekommen, der einen Event organisiert, der die ganze Hochschule umfasst, wäre wirklich Aufwand für mich.
Darüber hinaus musste ich etwas schmunzeln, als ich an das Angebot des Verkaufsstandes dachte. Am Tag der offenen Tür werden unsere Fachbereiche vorgestellt, unsere Labore geöffnet und es gibt viele Fachvorträge und technische Vorführungen, um unsere Kompetenz unter Beweis zu stellen. Wir sind eine Hochschule, wir sind keine Kirmes, kein Jahrmarkt und auch nicht der Tag der offenen Tür im alternativen Töpferclub in Gotteszell. Bei uns geht es nicht darum, lokale Firmen vorzustellen und lokale Bierproduzenten, sondern uns selbst. Ein kurzer Blick auf unsere Seite und die Fotos zum Tag der offenen Tür im Jahr 2015 hätten dies zu Tage gefördert. Wie man doch noch die Kurve gekriegt hätte, steht in meinem Vorschlag zur Umformulierung am Schluss des Beitrags.
3) Fehler: Keine Gedanken zu den Beweggründen des Adressaten
Warum, lieber Martin, sollte ich mich auf den Weg machen und mich durch die Verwaltung telefonieren, um dir einen Kontakt zu verschaffen? Zuerst werde ich respektlos angeredet, dann dokumentierst du offensichtlich deine Unkenntnis darüber, was und wer wir eigentlich sind und was wir mit dem Tag der offenen Tür vorhaben und anschließend lässt du noch offen, was ich persönlich davon haben sollte, dass ich dir – als wildfremden – helfe. Sorry, mit der Ansage laufe ich nicht los, eher im Gegenteil.
Zum Abschluss biete ich dem lieben Martin noch einen Vorschlag für eine andere Formulierung: „Servus Christian, wir kennen uns zwar noch nicht, ich hätte aber eine tolle Idee für euren Tag der offenen Tür in Deggendorf: einen Stand mit selber gemachten Bieren und Kracherl aus der Region Deggendorf. Ihr würdet dadurch die Verbundenheit zu den Unternehmen in der Region unterstreichen. Nach dem Motto: schau her, die THD arbeitet intensiv auch mit kleinen Unternehmern zusammen. Jetzt meine Bitte: könntest du mir vielleicht einen Ansprechpartner aus deinem Haus nennen, der für die Organisation verantwortlich ist? Als kleines Dankeschön trinken wir dann gemeinsam am Tag der offenen Tür ein Bier, dann lernen wir uns auch persönlich kennen. Vielen Dank schon im Voraus, liebe Grüße Martin.“
Selbstverständlich würde ich ein kostenloses Bier ablehnen, das ist eine Frage der Ehre. Aber ich würde mich freuen und ein solches Angebot zeigt zumindest ein gewisses Entgegenkommen. Mit dieser respektvollen und höflichen Anfrage hätte ich ein Telefonat mit der Verwaltung geführt, um den Kontakt herzustellen. Stattdessen hat der Verfasser von mir eine negative Antwort bekommen, verbunden mit einigen Hinweisen zur richtigen Anrede. Das musste ich mir gönnen. Noch interessanter war aber die Antwort: „Vielen dank für die nette antwort ich bin aus niederbayern du scheinbar nicht“. Ja, dies stimmt, denn ich bin im Allgäu geboren worden und dort aufgewachsen und bin daher nicht aus Niederbayern. Aber erklärt dies das gezeigte Verhalten: Respektlosigkeit, Unprofessionalität und fehlende Zielgruppenorientierung? Anscheinend schon. Wenn ich eine Anfrage an einen vollkommen unbekannten stellen würde, dann würde sie so aussehen, wie mein Vorschlag oben. Ein Allgäuer Vorschlag. Stay tuned.
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