Ich habe lange überlegt, ob ich über dieses misslungene Praxisprojekt überhaupt schreiben soll, aber nachdem ich durch diese Kooperation viel über die Zusammenarbeit mit Partnern gelernt habe, möchte ich auch die unangenehmen Seiten dieser Unterrichtsform thematisieren. Fangen wir ganz von vorne an. Mit der Firma habe ich bereits schon einmal ein vorlesungsbegleitendes Projekt mit großem Erfolg durchgeführt. Daher kam relativ schnell die Anfrage, ob wir so etwas noch einmal machen könnten. Warum nicht, dachte ich mir. In der vorlesungsfreien Zeit zwischen dem Sommersemester 2015 und dem darauf folgenden Wintersemester machten wir dann Nägel mit Köpfen. Wie beim ersten Mal bekam ich eine vorbildliche Aufgabenstellung.
Die anfängliche Freude wurde doch relativ schnell getrübt, da ich beim ersten telefonischen Abstimmungsgespräch die Information bekam, dass die Abschlusspräsentation dieses Mal auf keinen Fall so teuer ausfallen darf wie beim letzten Mal. Interessant dachte ich, wie man im Nachhinein ein und dieselbe Sache aus zwei vollkommen unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann. Ich habe mich über die Wertschätzung gefreut – der Personalchef und der Vorstandsvorsitzende nahmen auch an der Abschlusspräsentation teil. Im Nachhinein war es dann zu teuer. Interessant, dass in diese Kalkulation anscheinend nicht der Aufwand meiner 20 Studenten eingeflossen ist, von denen jeder 20-40 Stunden an dem Projekt gearbeitet hat. Uns war es auch nicht zu teuer, es hat Spaß gemacht. Und wenn man diesen Auftrag an einen externen Dienstleister vergeben hätte, wäre es deutlich teurer geworden. Somit bekam ich mal wieder die Bestätigung, dass alles, was nichts kostet, auch nichts wert ist.
Während dieses Telefonates kann dann gleich der zweite Dämpfer, als ich dem Kooperationspartner mitteilte dass ich 8 der besten Studierenden aus dem Kurs International Marketing ausgewählt habe, die in einer Hochgeschwindigkeitsprojektarbeit das avisierte Thema bearbeiten sollten. Die Antwort vom Partner: „was, nur 8 Studenten, wir hatten wieder mit 20 gerechnet“. Aha, verstanden – sie bestellen, ich liefere die Studenten. Um das ganze Thema noch abzurunden, gleich ein Nachsatz: „die Präsentation in Englisch?“. Ich habe nicht einmal verlangt, dass die Folien auf Englisch übersetzt werden, sondern nur dass die Vorstellung auf Englisch ist, da einige internationale Studenten im Team waren. Ich dachte, für eine Firma, die international unterwegs ist, sollte dies kein Problem sein. Auch wieder etwas Neues gelernt.
In den Gesprächen habe ich mehrmals darauf hingewiesen, dass wir aufgrund der zeitlichen Knappheit das Projekt relativ schnell starten müssen und ziemlich flott durchziehen müssen. Also vereinbarten wir einen Kick-off am 9. Oktober 2015. Nachdem ich in diesem Tag nicht in Deggendorf war, briefte ich die Studenten und ging davon aus, dass alles klappt. Ich bekam jedoch an diesem Tag gegen Mittag eine E-Mail, verbunden mit der Anfrage ob man einen Ersatztermin für das Kick-off finden könnte. Obwohl ich bereits der Ansprechpartnerin mitgeteilt hatte, dass der Vorlesungsplan der Studenten sehr eng ist und mein Terminplan auch nicht viel besser aussieht, kam der Vorschlag, wir sollten doch alle nach München kommen, zu einem Vormittagstermin.
Was war passiert? Die beiden Mitarbeiter der Firma hatten Probleme mit dem Mietwagen konnten deswegen nicht nach Deggendorf fahren. Deswegen sollten wir (8 Studierende und ich) für einen Ein-Stunden Termin nach München fahren. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Eindruck, dass wir jetzt von einem Lieferantenverhältnis sprechen und nicht mehr von einer Kooperation zwischen zwei gleichberechtigten Partnern. Ich sagte definitiv, dass dies nicht funktioniert, da ich von den Studierenden verlangen müsste, dass sie fast einen ganzen Tag die Vorlesungen ausfallen lassen, nur weil der Kooperationspartner nicht in der Lage ist mit dem Mietwagen nach Deggendorf zu fahren. So etwas werde ich nie von den Studierenden verlangen.
Wie es weitergeht? Morgen mehr.
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