Die Choreografie eines misslungenen Praxisprojektes. Teil 2: Lieber ein Ende mit Schrecken als Bauchweh ohne Ende.

Gestern habe ich den ersten Teil der Geschichte gepostet, nun kommt der Rest. Nach einigem Hin und Her schafften wir es dann doch endlich, am 19. Oktober einen Skype-Termin für den Kick-Off um 17:15 Uhr zu vereinbaren. Die Bestimmung des richtigen Termins war ein Bauchweh-Kraftakt sondersgleichen. Um das Projekt effizient und straff durchzuführen, hatte ich mit den Studenten vereinbart, dass wir uns jede Woche am Montag um 17:15 Uhr treffen, um dann die Ergebnisse der vorangegangenen Woche durchzusprechen und die Aufgaben für die nächste Woche zu bestimmen.

Daher war mein Vorschlag, den Kick-Off genau in diesem Zeitfenster stattfinden zu lassen, dies war jedoch im ersten Anlauf für den Kooperationspartner unmöglich, da ein Mitarbeiter aus einer anderen Abteilung aus privaten Gründen immer um 18:00 Uhr zuhause sein musste. Letztendlich übernahm der Vorgesetzte des Mitarbeiters dessen Rolle im Kick-off. Was mich persönlich besonders geärgert hat, war die Tatsache, dass wir eigentlich schnell sein wollten, aber bis zum 19. Oktober warten mussten, um die wichtigsten Fragen beantwortet zu bekommen.

Dann fing das Team der Studierenden an zu arbeiten, wir trafen uns regelmäßig und das Team machte sehr gute Fortschritte. Bereits am 5. November kam dann die nächste E-Mail des Partners, verbunden mit der Aufforderung, einen Termin für einen Zwischenbericht zu vereinbaren. Die beiden Ansprechpartner des Kooperationspartners wären gerne zu uns gekommen, aber aufgrund der privaten Verpflichtungen des oben genannten Mitarbeiters nur unter Tags. Damit waren wir wieder beim gleichen Problem wie beim Kick-off. Um es kurz zu machen, wir fanden keinen Termin. Die KW 48 war definitiv zu spät, um noch Korrekturen im Konzept einzubauen, in der KW 47 wäre es nur unter Tags gegangen. Es war einfach unmöglich, einen gemeinsame Termin zu finden. Von den 10 Beteiligten hätten 9 am avisierten Montag um 17:15 gekonnt.

Und dann kam die entscheidende E-Mail, in deren Nachgang ich die Studierenden zu einer Krisensitzung eingeladen habe und sie gefragt habe, ob sie das Projekt abbrechen oder beenden wollen. Hier der entscheidende Satz: „Damit wir das Projekt nun dennoch gut abschließen können, würden wir vorschlagen, dass Sie uns die Präsentation per E-Mail schicken. Gerne können wir Ihnen anbieten zu ihrem nächsten wöchentlichen Projekttermin (23.11. 17:30 Uhr) für Fragen per Skype zur Verfügung zu stehen.

Warum war dies für mich ein Grund für den Abbruch? Um alle Gespräche des Teams sowohl mit meinem Kollegen als auch mit mir und zusätzlich alle durchgeführten Tests so zu dokumentieren, dass es ein Außenstehender versteht, wäre eine Dokumentation im Umfang von 10-15 Seiten notwendig gewesen – nicht PowerPoint-Folien, Fließtext. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass wir von einer Lieferantenbeziehung reden und nicht mehr von einer gleichberechtigten Partnerschaft. Sie bestellen, wir liefern. Zum zweiten Mal konnte der Mitarbeiter aufgrund privater Verpflichtungen nicht an Projektbesprechungen teilhaben, dafür hätte das Team der Studierenden jeweils 2-3 Tage Arbeit spendieren müssen, um den Kooperationspartner auf den aktuellen Stand zu bringen.

Ich verstehe durchaus, dass die Familie eine höhere Priorität als die Arbeit hat, aber dass nicht ein einziges mal eine Ausnahme gemacht werden kann, finde ich doch etwas befremdlich. Nach einem Tag Bedenkzeit entschieden sich die Studierenden dafür, das Projekt abzubrechen (war auch mein Rat, aber ich wollte diese Entscheidung nicht alleine treffen). Ich habe der Projektleiterin seitens des Kooperationspartners geschrieben, dass ich meine oberste Priorität darin sehe, den Studierenden nicht eine spannende Aufgabe als Herausforderung zu bieten, sondern eine vernünftige Balance zwischen Herausforderung und Machbarkeit zu gewährleisten. Ich werde die Studierenden nicht auffordern, ihre eigentliche Hauptaufgabe, den Besuch der Vorlesungen, zu vernachlässigten und auch nicht verlangen, ineffiziente Ersatzlösungen (in Form einer umfassenden Dokumentation als Ersatz für einen Skype-Termin) abzuliefern. Was habe ich aus der ganzen Geschichte gelernt?

  1. man soll dann aufhören, wenn es am schönsten ist, d.h. es gibt nie ein 2. Projekt.
  2. wenn das Projekt mit Bauchweh anfängt, töte es am Anfang.
  3. mache von Anfang an klar, dass Studierende nicht dazu da sind, hauptsächlich das Kooperationsprojekt durchzuführen, sondern dies in den Ablauf des Semesters integriert werden muss.

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