Viele deutsche Manager sind Weltmeister darin, umfangreiche Analysen in Auftrag zu geben und sich dann von den Beratern mindestens 25 % Potenzial (Umsatzsteigerung und/oder Kostenreduzierung) vorrechnen zu lassen. Anschließend verschwinden die fetten Berichte in der Schublade und jeder macht genauso weiter wie vorher.
Als junger Mitarbeiter der Siemens AG (dies ist schon gefühlte zwei Jahrtausende her) habe ich mich immer wieder darüber gewundert und konnte beim besten Willen diese Verhaltensweisen nicht verstehen. 27 Jahre später, jetzt und heute, bin ich der Meinung, einige Ursachen gefunden zu haben. Die einfachste Erklärung ist schlicht und einfach die Veränderungsunwilligkeit sowohl von Mitarbeitern als auch von Managern. Um etwas zu ändern, muss ich selber erkannt haben, dass vorher nicht alles optimal gelaufen ist. In einer Kultur der Fehlervermeidung – Standard bei vielen Unternehmen – ist die Erkenntnis, dass man vorher vielleicht Fehler gemacht hat, eine ganz gefährliche Geschichte. Wer Fehler macht, macht keine Karriere.
Zusätzlich ist es eine große Herausforderung für jede Führungskraft, die eigenen Mitarbeiter davon zu überzeugen, die Veränderungen mitzutragen. Dieses Unterfangen kann relativ schnell in die Hose gehen, vor allem wenn der größte Teil der Betroffenen denkt „das stehen wir auch noch durch“. Eine typische Situation in Großkonzernen, ein Programm nach dem anderen, jedes mit einem tolleren Namen als der Vorgänger.
Und – last, but not least – ist auch die fehlende methodische Unterstützung des gesamten Umsetzungsprozesses sicher ein Grund für das Scheitern von Veränderungsprozessen. Aufgrund der eben diskutierten Ursachen tut eine Analyse niemanden wirklich weh, denn weh tut nur die Selbsterkenntnis und die Abschaffung liebgewonnener, in der Vergangenheit erprobter Verhaltensweisen. Vielleicht kriegt der eine oder andere Manager kurzzeitig mal einen großen Schreck bei der Präsentation der Analyseergebnisse, aber spätestens dann, wenn die Berichte der Berater in der Schublade verschwunden sind, legt sich die Aufregung ganz flott. Ende der Fahnenstange? Nein, denn sonst hätte ich ja keinen Blogbeitrag und kein Fach „Strategische Programme“.
Ich versuche meinen Studierenden in dieser Vorlesung die Herausforderungen an einen Umsetzungsprozess immer ganz einfach zu erklären: Sie dürfen als Führungskraft nicht davon ausgehen, dass alle Ihre Mitarbeiter aktiv und begeisterten mitdenken und die teilweise sehr vagen Vorgaben aus dem Management in ganz konkrete Handlungsanweisungen umzusetzen. Teilweise wollen sie nicht, teilweise können sie auch nicht. Ideal ist es daher, wenn Sie als Führungskraft in der Lage sind, Ihren Mitarbeitern die notwendigen strategischen und operativen Veränderungen nicht nur klarzumachen, sondern Ihnen klar zu sagen, was sie morgen anders machen sollen. Flankiert von Sanktion- und Incentivierungssystemen könnte, mit den richtigen Ansatz, die Umsetzung einer Strategie glatt klappen.
Ich möchte in einer Reihe von Beiträgen einerseits die Vorlesung „Strategische Programme“ nicht nur in Textform dokumentieren, sondern vor allem auch die Umsetzung von Marketing- und Vertriebsstrategien genauer unter die Lupe nehmen, denn dies ist noch ein weißer Fleck in allen meinen Blogbeiträgen.
Ich fange im nächsten Beitrag mit der GAP-Analyse an und werde sukzessive mit altbekannten und neu entwickelten/modifizierten Bausteinen aus dem strategischen Management, dem Controlling und dem Prozessmanagement ein durchgängiges Konzept vorstellen, mit denen die Umsetzung von Strategien deutlich einfacher möglich sein sollte.
Viel Spaß. Stay tuned.
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