Ein Blick in jede Bibliothek zeigt, dass es inzwischen eher zu viele als zu wenige Bücher über die interkulturelle Zusammenarbeit in Unternehmen gibt. Umso erfreulicher war für mich die Korrektur der Bachelorarbeit von Frau Joana Erlmeier. Durch die fundierte und sehr strukturierte Übertragung der theoretischen Vorlagen auf ein Forschungsdesign, dass auf Beobachtungen und Interviews basierte, war die Studentin in der Lage, die allgemeinen Erkenntnisse auf ganz konkrete Projektsituationen anzuwenden. Größtenteils wurden die Erkenntnisse aus der Literatur bestätigt, aber zusätzlich neue, interessante Erkenntnisse gewonnen. Die Bachelorarbeit kann daher hervorragend als Vorbereitung für neue Mitarbeiter herangezogen werden, um interkulturelle Missverständnisse von vornherein zu vermeiden. Aufgrund der Tatsache, dass die Arbeit – wie so viele – nicht veröffentlicht werden darf, kann ich leider nicht mehr tiefer in die Ergebnisse einsteigen, obwohl ich gerne mehr erzählen würde. Willkommen in der Hall of Fame.
Was waren die wichtigsten Inhalte/Erkenntnisse?
Interkulturelle Unterschiede beeinflussen das Geschäftsverhalten enorm und deren Missachtung kann zu erheblichen Problemen führen. Manager eines internationalen Teams müssen sich bewusst sein, welche Persönlichkeiten mit verschiedensten Nationalitäten und kulturellen Hintergründen in ihrem Team sind, um diese passend zu „managen“ und zu führen. Auch wenn es Zeit in Anspruch nimmt, sich mit der anderen Kultur zu beschäftigen, kann es die Zusammenarbeit erheblich erleichtern und Probleme in der Zukunft vermeiden. Das ist auf jeden Geschäftsbereich und jede Nation übertragbar. Ich habe dies speziell am Beispiel von Asiaten untersucht. Die unterschiedliche Arbeitseinstellung und Wahrnehmung von Zeit, sowie das enorme Hierarchiedenken und der Fokus auf zwischenmenschliche Beziehungen im Geschäftsleben haben einen starken Einfluss auf die Zusammenarbeit mit Deutschen. Wie sich diese Faktoren genau auswirken und worin diese begründet sind, habe ich in meiner Arbeit untersucht.
Wie kam Ihnen die Idee für Ihre Arbeit?
Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für andere Sprachen und fremde Kulturen. Besonders während meines Auslandssemesters und während eines Praktikums in einem sehr internationalen Umfeld habe ich gemerkt, dass verschiedene Nationen teilweise sehr unterschiedliche Arbeitsweisen und Einstellungen haben. Auch das Verhalten gegenüber dem Chef und den Teamkollegen variiert stark. In meiner Bachelorarbeit wollte ich gerne an einem präzisen Beispiel untersuchen, wie sich interkulturelle Unterschiede auf das Geschäftsverhalten auswirken und was dies im Umkehrschluss für das „Managen“ derartig internationaler Teams zur Folge hat.
Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Am meisten Spaß gemacht hat mir, an einem großen Praxisprojekt eines Unternehmens teilzuhaben und diese interkulturellen Unterschiede anhand dessen zu untersuchen. Ich hatte die Möglichkeit, meine Arbeit auf einem Projekt mit asiatischen Stakeholdern eines IT-Unternehmens aufzubauen. Es war sehr spannend, in den Meetings teilzunehmen und den täglichen Kontakt mit den Asiaten hautnah mitzuerleben. Als objektiver Beisitzer hatte ich einen ganz anderen Blick auf die Gespräche zwischen den Deutschen und Asiaten als die involvierten Mitarbeiter selbst. Ich denke, dass ich so die kulturellen Unterschiede teilweise bewusster wahrgenommen habe. Bereits nach ein paar Meetings konnte ich erste Schlussfolgerungen ziehen, welche sich anschließend durch weitere Beobachtungen und In-depth Interviews gefestigt haben. Einige anfängliche Vorurteile und Erwartungen, die ich vor dem Projekt hatte, haben sich aber widerlegt, was ich sehr spannend fand.
Welche Anregungen haben Sie am meisten beeinflusst?
Definitiv hatten sowohl das Beisitzen in Meetings als auch die persönlichen Gespräche mit den Mitarbeitern den größten Einfluss auf meine Arbeit. Theoretische Grundlagen haben diese bestärkt, allerdings habe ich bewusst versucht, nicht voreingenommen zu sein und meine Behauptungen sehr stark an der Praxis zu orientieren. Teilweise widersprüchliche Aussagen und ein Verleugnen von kulturellen Differenzen haben mich anfangs irritiert, jedoch habe ich schnell gelernt, gemeinsame Anhaltspunkte aus den Aussagen herauszufiltern und durch gezieltes Nachfragen tiefgründigere Erkenntnisse zu gewinnen.
Mit Firma oder ohne Firma geschrieben? Warum?
Da ich persönlich es als unheimlich wichtige empfinde, praktische Erfahrungen während des Studiums zu sammeln, wollte ich auch bei der Bachelorarbeit meiner Einstellung treu bleiben und meine Arbeit unbedingt auf praktischen Erkenntnissen aufbauen. Ich war daher auf der Suche nach einer Firma mit starker internationaler Ausrichtung und multikulturellen Teams. Bei msg systems habe ich diese gefunden und wurde idealerweise in einem großen IT-Projekt mit asiatischen Stakeholdern eingesetzt. Interkulturelles Management war dort gerade ein Thema, daher hatte ich Glück und durfte meine Bachelorarbeit dort verfassen. Dadurch war das Erarbeiten der Bachelorarbeit viel interessanter als diese rein theoretisch aufzubauen.
Was war die größte Herausforderung bei der ganzen Arbeit? Wie haben Sie das gemeistert?
Die größte Herausforderung war, die Arbeit neben den Vorlesungen zu verfassen und im Unternehmen anwesend zu sein. Da ich im 7. Semester noch sehr viele Vorlesungen hatte, aber gleichzeitig im Unternehmen anwesend sein musste, war es ein sehr großer organisatorischer Aufwand. Weil ich mir aber zum Ziel genommen habe, die Arbeit bis Ende Januar fertigzustellen, um anschließend zu arbeiten, war es eine sehr stressige Zeit. Mit einem guten Zeitmanagement war es aber machbar. Innerhalb des Projekts hatte ich das Problem, dass alle Mitarbeiter sehr beschäftigt waren und es so nicht ganz einfach war, genügend Personen für die Interviews zu finden. Mit mehrmaligem Nachfragen hat es dann aber auch geklappt. Bei einer praktischen Bachelorarbeit kommt außerdem hinzu, eine gute Kommunikation sowohl zu dem Professor als auch zu dem Betreuer im Unternehmen aufrechtzuerhalten, um die Ziele klar zu definieren.
Haben Sie einen guten Tipp für gelungenes Zeitmanagement?
Sich so früh wie möglich Gedanken über das Thema machen und mit dem Professor darüber sprechen. Wenn die Bachelorarbeit mit einem Unternehmen sein soll, dann einiges an Vorlaufzeit einplanen, da sich diese Suche schwieriger gestalten kann als geplant. (Ohne vorheriges Praktikum/Werkstudententätigkeit ist das generell meist eher schwierig) Bevor man anfängt zu schreiben, ist es wichtig, ein Grundgerüst der Arbeit zu haben (alle relevanten Punkte und Bestandteile der Arbeit, Zielsetzung). Anschließend habe ich mich parallel in die einzelnen Bestandteile eingelesen. Ich persönlich habe mir nicht unbedingt genaue Meilensteine gesetzt, aber ich hatte einen groben Zeitplan für den Theorie- und den Praxisteil im Kopf. Während ich die praktischen Erkenntnisse gesammelt habe, habe ich mich in die Theorie eingelesen und angefangen, meine theoretischen Grundlagen auszuformulieren. Der beste Tipp ist wohl: besser heute anfangen als morgen und im Anschluss genügend Zeit einplanen, um die Arbeit nochmal durchzulesen und gegebenenfalls so abzuändern, dass ein roter Faden erkennbar ist. Das hat bei mir noch mehr Zeit in Anspruch genommen als ich ursprünglich gedacht hätte.
Wie viel Zeit haben Sie für die Bachelorarbeit insgesamt aufgewendet (in Monaten)?
Obwohl sie aufgrund der praktischen Ausrichtung doch sehr umfangreich geworden ist, habe ich die Bachelorarbeit inklusive Einarbeitungszeit innerhalb von 3 Monaten fertig gestellt. Es dauerte ca. 2 bis 3 Wochen, bis ich mich in dem Projekt einfand und meine ersten Erkenntnisse notieren konnte. Anschließend habe ich die Arbeit auf etwas mehr als 2 Monate verfasst.
Was würden Sie heute anders machen?
Ich habe bemerkt, dass viele Firmen hauptsächlich frühere Praktikanten oder Werkstudenten zum Verfassen einer Bachelorarbeit einstellen, da sich das Thema meist aus der praktischen Arbeit heraus ergibt. Dadurch, dass ich eine recht konkrete Vorstellung meines Themas hatte, habe ich speziell nach Firmen gesucht – dadurch hatte ich zum Schluss Glück, dass dieses Thema bei meiner Firma gerade aktuell war und sie in dem Bereich Bedarf hatten. Im Nachhinein würde ich bei der Wahl des Praktikums allerdings bereits einen starken Fokus darauf legen, ob die Option besteht, dort auch die Bachelorarbeit zu verfassen, da man sich so einiges an Zeit und Mühe erspart.
Mehr zu diesem Thema…
- Körpersprache im Verkaufsgespräch – die Bachelorarbeit von Frau Sofia Gerstl.
- Social Media Strategien für kleine Unternehmen oder wie intelligenter Content aussehen kann, die Bachelorarbeit von Andrea Bornschlegl.
- Wie wirken Stilmittel? Die Bachelorarbeit von Frau Julia Brunner.
- Strategische Planung für Kleinunternehmen. Geht denn das? Ja, dies zeigt die Bachelorarbeit von Clementine Müller.
- Was bringt eine Facebookseite für den Lebensmitteleinzelhandel? Die Bachelorarbeit von Philipp Heizmann.
- Wie wirksam beeinflussen Health-Apps das Verhalten der Kunden? Die Masterarbeit von Vera Digner Romeiro
- Sponsoring von Fußballprofis. Geldverschwendung oder sinnvolle Investitionen in das Markenimage?
- Amazon Fresh, die nächste Herausforderung für den Lebensmitteleinzelhandel? Die Bachelorarbeit von Nadja Kern.
- Wie wirkt Productplacement? Positiv? Negativ? Gar nicht?
- Messung der Verkaufskompetenz im stationären Einzelhandel mithilfe eines Mystery-Shopping-Ansatzes – die Bachelorarbeit von Kathrin Sperl.