Ein wirksames Mailling zum Organspendeausweis? Oder: sind Ihre Steuergelder damit richtig verwendet oder gar verschwendet?

Die Aufforderung, selbst zum Organspender zu werden, ist eine ernste und sehr wichtige Angelegenheit. Aus diesem Grund hat das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege letztes Jahr im Dezember ein Mailling an alle Haushalte in Bayern geschickt. Meiner Meinung nach wieder ein hervorragendes Beispiel für eine deutlich optimierungsfähige Werbeform:

  1. Zeitpunkt: wer hat denn vor Weihnachten noch den Kopf für Organspende frei. Eine Möglichkeit wäre gewesen, dieses Mailling nicht unter der Überschrift Herzensangelegenheit laufen zu lassen, sondern mit der Weihnachtsstimmung zu verbinden, gewissermaßen nach dem Motto: Schenken Sie anderen ein Stück Leben, indem sie Organspender werden.
  2. Adressaten: an sämtliche Bürgerinnen und Bürger in Bayern. Die bayerische Staatsregierung hätte die Adressen aller Haushalte, ein personalisiertes Mailling wäre kein Problem gewesen. Wer fühlt sich denn mit der Ansprache „sämtliche Bürgerinnen und Bürger in Bayern“ wirklich angesprochen?
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  3. Das Deckblatt – Herzensangelegenheit. Was soll denn das? Die Definition des Begriffes als Aufhänger für einen Organspende-Mailling? Fühle ich mich dadurch wirklich aktiviert, angesprochen? Bewegt mich dies? Mich persönlich nicht. Sie etwa? Ich habe schon letztes Jahr über eine Kampagne des Bundesgesundheitsministeriums geschrieben, die Ausführungen von damals über eine emotionalere Gestaltung gelten auch für dieses Mailling.
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  4. Die Innenseite: Organspende ist eine Herzensangelegenheit. Entscheiden Sie sich – es gibt kein richtig oder falsch. Hat sich hier ein Verantwortlicher nicht getraut, sich wirklich aus dem Fenster hinaus zu lehnen? Oder haben die Initiatoren Angst gehabt, klar Stellung zu beziehen? Meine Meinung: im Sinne einer gesellschaftlichen Verantwortung ist die Entscheidung falsch, sich nicht als Organspender registrieren zu lassen. Der äußerst wichtige Call-to-Action verpufft damit hoffnungslos.
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Mich würde es interessieren, welchen Erfolg diese Werbeaktion wirklich hatte. Nimmt man die 6,1 Millionen Haushalte in Bayern und kalkuliert überschlagmäßig nur die Portokosten, dann anhält man einen Wert (vorsichtig geschätzt) von mindestens 500.000 €. Wenn man den Aufwand hinzurechnet, der durch die aufwändigen Diskussionen und Abstimmungen der verschiedenen Partner (siehe folgendes Bild – ich arbeite ja selbst bei einer Behörde, der Technischen Hochschule Deggendorf) entstanden ist, kommt man auf einen horrenden Betrag. Eine Investition, die zu großen Teilen durch die ungeschickte Gestaltung wahrscheinlich in den Wind geschossen wurde. Dieses Mailling zeigt aber auch, dass hier Entscheidungen getroffen worden, die (vorsichtig formuliert) etwas unglücklich sind, und dass sich die Verantwortlichen vielleicht doch etwas mit Werbung auseinandersetzen sollten, bevor sie Steuergelder in diese Richtung kanalisieren.

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