Im Jahre 2009, an einem kalten, regnerischen Novembertag (mitten in der Krise!), betrat ich gegen ca. 16:00 Uhr ein Opel-Autohaus im Bayerischen Wald, auf dem Weg in eines von 100 Mystery-Shopping-Gesprächen, die ich im Rahmen einer wissenschaftlichen, empirischen Studie führte. Um alle Verkaufsgespräche vergleichbar zu machen, hatte ich mir eine Storyline (Bedürfnisse, Vorlieben, Einstellungen, etc.) überlegt, in die ich dann nach der ersten Frage des Verkäufers (was kann ich für Sie tun?) standardmäßig einstieg: „Ich möchte einen Neuwagen der Kompaktklasse kaufen, was können Sie mir zeigen bzw. erzählen?“ Dieses Mal kam darauf die spontane, arg knapp und ruppig formulierte Antwort: „Hamma net !„.
Einer der wenigen Momente in meinem Leben, in denen ich sprachlos und platt war. Anschließend sahen wir uns eine Zeitlang direkt in die Augen und schwiegen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde mir die Situation doch zu unheimlich, und ich schob nach: „Könnten Sie mir dann bitte Prospekte, Preislisten oder ähnliches mitgeben?“ Antwort (in gleichem Tonfall wie beim ersten Mal): „Hamma net, kommst im Januar wieder.“ Nachdem ich mich auch von diesem Schreck erholt hatte, verließ ich das Autohaus nach insgesamt 3 min Verkaufsgespräch – ohne Ergebnis.
Kennen Sie solche Situationen ? Und kennen Sie diesen Typ Laien-Verkäufer? Auf deren Visitenkarte zwar „Verkaufsberater“ steht, deren Verhalten aber meilenweit von dem eines Verkaufsprofis ist.
Um was geht es?
Im letztes Jahr habe ich eine empirische Studie abgeschlossen, die insgesamt über 3 Jahre hinweg lief und die Untersuchung der Verkaufskompetenz von Automobilverkäufern zum Gegenstand hatte. Sie war bewusst über einen sehr langen Zeitraum angelegt, da ich auch feststellen wollte, ob sich die Verkäufer mitten in der Krise anders verhalten als nach der Krise. Nach insgesamt 3 Veröffentlichungen (siehe Publikationsliste) habe ich mich nun entschlossen, in den nächsten Wochen etwas tiefer in die Ergebnisse einzusteigen und jedem, der danach sinnt, wie er mehr Verkaufskompetenz gewinnt, den einen oder anderen Tipp zu geben. Wer Interesse am wissenschaftlichen Teil hat, der möge bitte einen Blick in meine letzte Publikation hineinwerfen, den Sammelband von Hofbauer/Pattloch/Stumpf. Wer nur eine kurze Zusammenfassung der Studie sucht, dem sei der Artikel im Harvard Business Manager ans Herz gelegt.
Was ist Verkaufskompetenz?
Gestern habe ich einen Spruch auf der Xing-Seite eines Verkaufsexperten gesehen, der mir ganz außerordentlich passend erscheint: Hört endlich auf, euren Kunden irgendwas zu verkaufen – sondern helft Ihnen, eine Entscheidung zu treffen! Wenn man diese Aussage noch ergänzt um ein paar außerordentlich wichtige Aspekte, dann hat man die perfekte Definition meiner Vorstellung von Verkaufskompetenz: hört endlich auf, eure Kunden vollzuquatschen, sie zu überreden oder ihnen irgendwas zu verkaufen (und natürlich auch, sie zu ignorieren) – sondern versucht sie zu verstehen, ihnen zuzuhören. Erst dann könnt ihr ihnen helfen, mit Begeisterung eine Entscheidung zu treffen, an die sie sich den Rest der gemeinsamen Geschäftsbeziehung gerne zurück erinnern. Wer das nicht schafft, ist ein Laienverkäufer und hat in diesem Job nichts verloren, wenn er nicht willens ist, sich zu verbessern. Tatsächlich waren bei meinen 100 Besuchen von Autohäusern deutlich mehr Low-Performer vertreten als Best-Practice-Beispiele.
Ich werde versuchen, die eine oder andere Anekdote zusammen mit einem gezielten Ausflug in die Ursachenanalyse zu versüssen, um vielleicht ein paar Verkäufer bzw. deren Chefs zum Nachdenken zu bewegen. Denn nur wer die Ursachen in den Griff bekommt, der wird wirklich besser werden. Die folgenden Episoden sind Ergebnisse vieler intensiver Gespräche mit Automobilmanagern, Eigentümern von Autohäusern und Automobilverkäufern. Viel Spaß beim Lesen.