Letzte Woche habe ich mich etwas mit der ungeschickten Umsetzung von Werbezielen in Bildern und Texten beschäftigt. Diese Woche biete ich gleich noch ein zweites Beispiel aus derselben Quelle, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Allerdings wird auf dieser Outdoor-Plakatwerbung doch als zweiter Auftraggeber das Bundesministerium für Gesundheit genannt. Und was habe ich an dieser Werbung auszusetzen? Das Testimonial vielleicht? Vor allem meine Studentinnen waren der Meinung, dass der Herr Lanz ein sehr sympathischer Mann ist, daher sehe ich darin kein Problem. Layout? Klar, einfach, auf einige wenige Elemente reduziert, passt also auch. Also keine Anfängerfehler? Leider doch, und wie!
Sehen wir uns den Claim genauer an: „Damit ist alles gesagt.“ Was ist denn das für eine Aussage? Und vor allem: was soll damit gesagt sein? Wenn man ganz ehrlich ist – nichts! Besser wäre es gewesen, wenn Herr Lanz zum Beispiel gesagt hätte, dass er selbst Organspender ist. Es gibt in der Werbung eine ganz einfache Regel: wenn man als Werbetreibender nichts zu sagen hat, sollte man die Ausgaben für die Werbung auf Null reduzieren. Wenn man dagegen etwas zu sagen hat, dann bitte auch klar und deutlich. Ich persönlich erkenne keinen tieferen Sinn in der obigen Aussage, geschweige denn eine Botschaft, die mich zu einer Verhaltensänderung bewegen könnte.
Nächster Kritikpunkt: der Ausweis an sich. Dieser ist auf dem Plakat so klein abgebildet, dass es genauso ein Mitgliedsausweis der Videothek um die Ecke sein könnte. Da hätte man besser mit einer Lupenfunktion arbeiten sollen, so dass auch einem vorbeifahrenden Autofahrer klar wird, was gemeint ist.
Last not least: unter dem sinnfreien Satz „Damit ist alles gesagt.“ steht deutlich kleiner „Das trägt man heute: den Organspendeausweis“. Genau wie in der Impfpasswerbung ist der eigentliche Gegenstand der Werbung sicher in einem Untertitel versteckt.
Aber betrachten wir die gesamte Werbung doch aus einem vollkommen anderen Blickwinkel. Sinn der ganze Aktion sollte doch wohl eigentlich die Überzeugung der Zielgruppe sein, Organspender zu werden. Dazu zwei Bemerkungen:
1) Wenn man zur Zeit über Organspende nachdenkt, dann fallen den meisten sicher die aufgedeckten Skandale einzelner Transplantationseinrichtungen ein. Wäre es da nicht eher angebracht gewesen, solche vorhandenen negativen Einstellungen in positive umzuwandeln zu versuchen? Dahinter steckt eine ganz einfache Überlegung: gibt es aus Sicht der Adressaten einen oder mehrere Gründe, die ihn hindern, ein Produkt zu kaufen/eine Leistung in Anspruch zu nehmen? Wird dies nicht adressiert, kann man sich die schönsten Sprüche überlegen und sie werden doch keine Wirkung zeigen.
2) Kann ich die Zielgruppe wirklich mit berühmten Persönlichkeiten überzeugen? Will man diesen Weg gehen, müsste man meiner Meinung nach deutlich schwerere Geschütze auffahren und den Adressaten persönlich und emotional einspannen. Ich sähe da eine Kernaussage, der sich keiner entziehen kann und die eine Agentur in wirklich bewegende Bilder und Texte umzusetzen vermag: stell dir vor, lieber Adressat, du bist dem Tode nahe und niemand ist bereit, Organe zu spenden. Möchtest du das? Nein, und deswegen brauchen wir Organspender, und du, lieber Adressat, gehst mit gutem Beispiel voran.
Welche Kernelemente überzeugender Werbung haben wir uns heute angesehen?
- Vermeiden Sie sinnfreie Aussagen. Sagen Sie das, was Sie zu sagen haben oder wirklich sagen wollen.
- Berücksichtigen Sie immer Gründe, die aus Sicht der Zielgruppe gegen den Kauf/die Inanspruchnahme der Leistung sprechen. Entkräften Sie diese in der Werbung.
- Binden Sie den Adressaten in die Werbung mit ein, idealerweise fühlt er sich dann emotional und kognitiv integriert, nicht nur angesprochen.