Welche virale Durchschlagskraft haben die TM-Mausis? Und was haben sie mit Leeroy Jenkins zu tun?

Diskussion im sozialen Netzwerk JodelIch war gestern selber überrascht, welches Echo mein Beitrag hervorgerufen hat. Erst mal vielen Dank für viele positive Kommentare und positives Feedback. Und den Vergleich mit Leeroy Jenkins fand ich sogar witzig, allerdings mit dem großen Unterschied, dass ich mit einem Plan losgelaufen bin. Der Plan/die Strategie hinter dem Blog-Artikel ist relativ schnell erklärt und hat sehr viel mit meiner abgrundtiefen Abneigung gegen schlechtes Marketing zu tun. Steigen wir also in meine Hidden Agenda ein. Wie jeder, der etwas über Marketing gehört hat, sicher weiß, es kommt auf die Verpackung von Botschaften an. Und das unterscheidet mich ganz stark von Leeroy Jenkins. Daher an dieser Stelle ein paar Bemerkungen zu meiner Verpackung und warum ich den Beitrag so geschrieben habe, wie ich ihn geschrieben habe:

  1. Das Thema berührt sehr viele Leute emotional und wenn man es in Richtung gemeinschaftlich geteilte Werte lenkt, schafft man ein klares Feindbild, welches sehr viele verschiedene Leute unter einem Dach vereint. In diesem Fall waren auf einmal nicht nur die TM-Studenten gegen den BR, sondern alle anderen auch, denn die eigene Hochschule steht ja dämlich da. In einfacheren Worten: Nichts eint mehr als ein gemeinsamer Feind. Mit diesem Stilmittel kann man hervorragend Aufmerksamkeit und Awareness bündeln.
  2. Das Thema war brandaktuell, daher habe ich meine ganzen Pläne über den Haufen geworfen und einen ungeplanten Blogbeitrag geschrieben, um diesen Schwung zu nutzen. So etwas nennt man Ambush Marketing. Man nutzt die mediale Aufmerksamkeit eines Ereignisses aus, ohne selbst der Urheber zu sein.
  3. Es ist viel einfacher, eine Zielgruppe zu bewegen, wenn man polarisiert. Man setzt sich selbst zwar größerer Kritik aus, löst aber auch gleichzeitig eine intensivere emotionale Reaktion aus.

Nachdem ich nicht nur Marketing unterrichtete, sondern mich im richtigen Leben auch mit dieser Materie beschäftige, werde ich die Ergebnisse der letzten paar Tage in Form eines Cases im Unterricht einbauen. Die Heftigkeit der Diskussion in Jodel zeigt zumindest, dass die oben genannten Stilmittel hervorragend funktionieren. Darüber hinaus ist mir gestern auch klar geworden, dass sich der Schwerpunkt viraler Kampagnen von Facebook schon lange auf andere Medien verlagert hat. Nachdem Facebook über die Schwerpunktsetzung im Newsfeed-Algorithmus einiges an Dynamik aus dem sozialen Netzwerk herausgenommen hat, ist es deutlich schwieriger, eine solche Wucht zu erzeugen, wie ich gestern erlebt habe. Obwohl Instagram immer noch agiler ist als Facebook, das war gestern wirklich faszinierend. Mit dem richtigen Marketing Know-how ist es problemlos möglich, eine hohe organische Reichweite einer Botschaft zu erreichen, sie muss nur durchschlagend und gut sein. Somit habe ich den Beweis, dass ich so etwas nicht nur im Unterricht predige, sondern in der richtigen Welt auch problemlos schaffe. Eben: nicht nur Marketing unterrichten, sondern auch Marketing machen. By the way: was ich gestern gemacht habe, ist das Grundprinzip von Jung von Matt.

Ein paar Bemerkungen möchte ich trotzdem kurz kommentieren:

  1. Ich hätte mich bemühen sollen, das Video zu löschen. Warum? Wir leben immer noch in einem Staat, der freie Meinungsäußerung garantiert. Und dies ist auch gut so. Dieses Video ist eine Meinungsäußerung der Redaktion des Bayerischen Fernsehens, selbst wenn es dem Image der Hochschule nicht entgegenkommt, bzw. dieses ungeschickt darstellt. Wenn eine der Nachbarhochschulen (Landshut oder Regensburg) in dieser Weise dargestellt worden wäre, wie begeistert hätten sich unsere Studenten darauf gestürzt.
  2. Viele Kommentare betrafen die Freigabeprozesse an unserer Hochschule verbunden mit der Aufforderung, ich könnte ja etwas verbessern, anstatt die Ergebnisse durch den Kakao zu ziehen. Wir haben eine ganz klare Arbeitsteilung an der Hochschule. Die Professoren sind dafür eingestellt, um ihr Fach zu unterrichten, nicht um die operative Arbeit in der Hochschule zu erledigen. Wir haben eine Pressestelle und ein Hochschulmarketing, diese beiden Abteilungen sind für solche Prozesse verantwortlich. Von diesen Abteilungen ist noch keiner gekommen und hat sich Tipps zum Marketing abgeholt. Manchmal, wie 2016 beim ersten Stadt-Land-Fluss-Festival, schalte ich mich aktiv ein, aber nur wenn ich rechtzeitig davon erfahre. Als Professor erfährt man von solchen Aktivitäten nur durch Zufall während der Entstehungsphase oder – dies ist die Regel – im Nachhinein, wie gestern über Jodel. Dann ist es zu spät.
  3. Noch mal Freigabeprozesse: im Regelfalle lassen sich Redaktionen, egal ob im Fernsehen, im Radio oder in der Zeitung, nicht in ihre Arbeit hineinreden. Sie geben nur in Ausnahmefällen im Vorfeld eines Interviews die Fragen heraus und einen Freigabeprozess durch denjenigen, über den berichtet wird, gibt es im Regelfalle nicht. Was der Redakteur draus macht, ist im wesentlichen seine Sache. Pressefreiheit! Auch da kann unsere Hochschulleitung, unsere Pressestelle und unser Hochschulmarketing relativ wenig machen. Selbst bei optimaler Vorbereitung kann trotzdem im gesamten Produktionsprozess noch etwas ganz anderes herauskommen. Dies fällt aber auch unter die Pressefreiheit. Und je größer die Zeitung ist, desto größer die Freiheiten, die sich die Zeitungen herausnehmen. By the way: ich habe mir gestern mal andere Beiträge aus dieser Serie angesehen und diese sind deutlich besser und informativer.

Und vielleicht werde ich ja wirklich mal so bekannt, wie Leeroy Jenkins. Aber bitte nicht in Kombination mit einer hirnlosen Aktion oder mit dem peinlichen Tippfehler. Aber wie ich gestern schon auf Jodel geschrieben habe: Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten und mir einen Kaffee spendieren.

Stay tuned. Schönes Wochenende.

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