Was kann die Digitalisierung von der alten Offline-Welt lernen? Mehr Know-how transportieren! Teil 3, die Druckpunkte beim Kunden.

Vertriebsthemen aus dem Blog von Prof. Dr. Christian Zich:Im letzten Beitrag (schon wieder eine Woche vergangen?) standen die Anwendungen des Produktes ganz im Mittelpunkt der Diskussion. Heute beschäftigen wir uns mit den Druckpunkten des Kunden. Dieser treffende Ausdruck stammt von einem Bekannten, der meinen Studenten beibrachte, dass man in jedem Gespräch durch geschickte Fragen die richtigen Ansatzpunkte für Verkaufsargumente bei jedem Kunden individuell finden muss. Er nannte sie Druckpunkte. Man muss nur drauf drücken und der Kunde steuert automatisch auf den Begeisterungsmodus zu und damit zur Kaufentscheidung. Hört sich einfach an, ist aber gerade für einen Anfänger ein Buch mit sieben Siegeln. Ich versuche jetzt einfach mal in diesem kurzen Beitrag, genau das Buch mit ein paar einfachen Beispielen aufzuschlagen. Dazu greife ich wieder auf meine Autohändlerstudie zurück.

Rufen wir uns noch einmal kurz die Anforderungen ins Gedächtnis, die mit einer beruflichen Nutzung verbunden sind (siehe letzter Beitrag). Nun stellen wir uns kurz zwei verschiedene Typen vor: beide arbeiten im Vertrieb, beide sind selbstständig. Um es dem Autoverkäufer schwer zu machen, kommen beide relativ leger ins Autohaus: Jeans, weißes Hemd, Sakko.

  • Der eine (nennen wir ihn Kunde A) jedoch steht auf Qualität, sieht im Auto ein Statussymbol (aber bitte nicht zu auffallend, dies könnte den Kunden erschrecken), begeistert sich für ein tolles, sportliches Design und findet es ungemein schmeichelhaft, wenn der Rest der Welt zu ihm sagt, was er für ein schönes Auto fahren würde.
  • Der andere (nennen wir ihn Kunde B) möchte selbstverständlich auch ein qualitativ hochwertiges Automobil, hat aber eher ein optimales Preis-/Leistungsverhältnis im Auge und möchte im wesentlichen komfortabel und sicher von A nach B kommen.

Um bei dem Bild des Druckpunktes zu bleiben, ein geschickter Verkäufer bekommt durch die richtigen Fragen heraus, wo er ansetzen muss, um die richtigen Features zu verkaufen:

  • Kunde A: wenn der Verkäufer es geschickt anstellt wird er es darauf anlegen, dass der Kunde sich in die Sexyness der Designelemente auf Anhieb verliebt. Er wird in seiner Fantasie den Moment entstehen lassen, indem ihm die Kollegen zum tollen Auto beglückwünschen, er wird ihm in den buntesten Farben ausmalen, wie das Auto am Gas hängt, wie sich das sportlich-harte Fahrwerk anfühlt, und so weiter. Wenn der Verkäufer geschickt ist, zieht er komplett die Register der Verhaltenspsychologie, angefangen beim idealen Selbstbild, über die Motivation bis hin zum Lebensstil. In meiner Autohändlerstudie bin ich nur auf ganz wenige Verkäufer gestoßen, die nur einen kleinen Teil dieses Puzzles im Griff hatten, keiner war in der Lage mir das ganze Bild aufzumalen.
  • Kunde B: Hier sollte der Verkäufer eher den rationalen Teil des menschlichen Geistes adressieren. Man kann hervorragend darauf abheben, welche Features man braucht, um vollkommen entspannt, erholt und zu 100 % leistungsfähig beim Kunden zu erscheinen. Nichts wird dieser rationale Geist mehr hassen als ein vermasseltes Verkaufsgespräch bzw. eines, welches nicht perfekt gelungen ist. Die Sportlichkeit des Kunden A wird ihm eventuell fremd sein und die Bewunderung seiner Umwelt wird ihn eher skeptisch als begeistert zurücklassen. Man könnte vielleicht sogar versuchen, dieser Kundenkategorie das Preis-/Leistungsverhältnis durch bestimmte Zusatzfeatures schmackhaft zu machen, indem man auf den höheren Wiederverkaufswert abhebt.

Meiner Meinung nach ist dies einer der wenigen Wettbewerbsvorteile, die der Einzelhandel im Vergleich zum Internet noch hat, denn Webseiten und Onlineshops kümmern sich recht wenig um die individuellen Unterschiede bei den Kunden. Und bis die künstliche Intelligenz nicht mehr künstlich, sondern wirklich intelligent ist, werden noch einige Jahre ins Land gehen und bis dahin haben die meisten Verkäufer noch Schonzeit.

Wobei man aber mit einfachen Mitteln bereits gewisse Grundelemente der Käuferpersönlichkeit abgreifen kann, indem man beispielsweise den Kunden fragt, welche Eigenschaften eines Autos ihm persönlich wichtig sind. In unserem Beispiel die Sportlichkeit des Automobils, das tolle Design oder auf der anderen Seite der komfortable Weg von A nach B. Es bleibt spannend und wie immer, wenn es am meisten Spaß macht, sollte man aufhören. Im nächsten Beitrag machen wir mit dem Thema Gesprächsführung weiter. Stay tuned.

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