Glückliche Kunden beim Gebrauchtwagen-Award 2015 und ein paar Gedanken zur Zukunft des Automobil-Vertriebs

Countdown Gebrauchtwagen Award 2015Gestern um 13:40 Uhr war es endlich wieder so weit, ich durfte wieder über eines meiner Lieblingsthemen referieren: Verkaufserfolg und glückliche Kunden? Widerspruch oder perfekte Kombination? Ich habe in diesem Vortrag zum ersten Mal einer größeren Öffentlichkeit einen Überblick über meine vier verschiedenen Mystery-Shopping-Projekte vorgestellt.

Beim Vorbereiten der Präsentation ist mir noch einmal sehr deutlich aufgefallen, dass sich die Branchen (Automobilhandel, Sportfachhandel, Textileinzelhandel, Elektroeinzelhandel) doch hinsichtlich ihrer Performance sehr stark voneinander unterscheiden. Eine Erklärung hat mir ein Geschäftsführer eines Elektromarktes im Juli geliefert (Originalzitat): Uns hat das Internet zuerst erwischt und wir hatten zwei verschiedene Möglichkeiten: entweder wir verbessern uns deutlich oder wir sterben.

Dass sich der Elektroeinzelhandel deutlich gebessert hat, sieht man an den Ergebnissen. Im Vergleich dazu schneiden der Automobilhandel der Sportfachhandel richtig schlecht ab. Der Automobilhandel hat noch nicht den Druck durch das Internet, beim Sportfachhandel liegt es in erster Linie daran (dies hat mir mein Snowboard-Händler geflüstert), dass gerade bei den großen Sportgeschäften Verkäufer oftmals ohne Produktbezug und ohne Einarbeitung in vollkommen fremden Produktsegmenten eingesetzt werden. Dies ist jedoch keine Entschuldigung, es gibt hervorragende Möglichkeiten, sich selbst weiterzubilden – wenn man nur will. Dazu werde ich aber in der nächsten Zeit noch einen passenden Artikel verfassen.

Allerdings sollte sich meiner Meinung nach der Autohandel nicht so sehr in Sicherheit wiegen, denn die aufgeregten Reaktionen der etablierten Automobilfirmen zu den Auto-Gerüchten aus dem Lager der etablierten IT-Schwergewichte zeigen ganz deutlich, dass ein ganz anderer Wind in kurzer Zeit in der Automobilindustrie wehen wird. Wieso sollte dies nicht auch den Vertrieb betreffen? Man überlege sich nur folgendes Szenario: die Organisation und das Management der Probefahrten übernehmen Autoverleiher und in den großen Städten gibt es bombastische Flagship-Stores, die für die gesamte Familie einen Tagesausflug wert sind. In ländlichen Gebieten gibt es gar keine Autohändler mehr. Die Konfiguration der Fahrzeuge erfolgt über die Internetseiten der Hersteller, genauso wie die Terminvereinbarung zu einer Probefahrt. Zukunftsmusik? Nein, folgende Gründe sprechen dafür:

  1. Ich habe festgestellt, dass die Autoverleiher deutlich besser über eine deutlich heterogene Produktpalette Bescheid wissen als die meisten markengebundenen Autohändler. Außerdem sind sie, egal ob an stark frequentierten Flughäfen im In- und Ausland oder in den Städten, bei weitem nicht so arrogant, wie die Premium-Händler.

  2. Warum brauche ich eine große Verkaufshalle für viele Millionen Euro, wenn die Verkäufer keine Lust haben? Die schöne, tolle Halle verschafft mir nur ein einziges Mal ein Einkaufserlebnis, ein engagierter, ehrlicher und fachlich kompetenter Verkäufer bindet mich dagegen über mehrere Jahre. Nachdem es nicht so viele davon gibt, ist es doch geschickter, die guten hervorragend zu bezahlen und an wenigen Stellen zu konzentrieren.

  3. Flagship-Stores: wenn ich alle Aktivitäten in den großen Städten konzentriere und den aktuellen wie potenziellen Kunden eine tolle Show biete, so dass man einen Tagesausflug dorthin wagt, tue ich mehr für die Marke und deren Image, als wenn ich Geld für Mystery-Shoppings, Schulungen für Verkäufer und Controlling-Mechanismen beim Fenster hinauswerfe.

  4. Die Digital-Natives, die ganz selbstverständlich das Internet mit allen Möglichkeiten nutzen, haben vielleicht gar keine Lust mehr, zum Händler zu gehen sondern erledigen die Konfiguration eines Autos viel lieber am Abend auf dem Sofa über den entsprechenden Konfiguration. Nachdem die Verkäufer keine Lust haben, Ihre Fachkompetenz unter Beweis zu stellen, die Konfigurationsassistenten im Web können das genauso gut. Und: nachdem die Händler auch nicht auf E-Mails reagieren, ist die Wahrscheinlichkeit relativ groß, dass diese Zielgruppe für die zögerlichen Autohersteller vollkommen verloren geht.

Noch ist dies vielleicht Zukunftsmusik, aber wer weiß wie die IT-Schwergewichte die ganze Automobilbranche durchwirbeln werden. Schönes Wochenende.

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