DJs als Personenmarke – die Masterarbeit von Stefan Birne

Masterarbeit Stefan BirneEndlich mal jemand, der sich dem ganzen Thema DJing und Personenmarken wissenschaftlich nähert. Mir war klar, dass dies ein nicht gerade einfaches Thema ist, aber wirklich viel Spass machen wird. Also habe ich sofort ja gesagt, als Herr Birne mit dem Themenvorschlag kam. Aber nochmal ganz kurz einen Schritt zurück zum Kernproblem der ganzen Thematik DJs und Personenmarke: unterhält man sich mit verschiedenen Künstlern, so wird jeder behaupten, dass für für sie die Musik, die künstlerische Darbietung und die Begeisterung an der Performance an erster Stelle stehen. Mit so etwas schnödem, wie Werbung oder Markenführung, beschäftigt man sich als DJ nicht. Man ist keine Marke, man ist ein Künstler. Stefan Birne hat in seiner Masterarbeit genau diesen wunden Punkt, oder man kann es auch als Selbstüberlistung bezeichnen, wissenschaftlich genauer unter die Lupe genommen. Er wollte in seiner Abschlussarbeit herausfinden, inwieweit die Zielgruppe der Künstler diese als Personenmarke wahrnehmen und wie sich dies auf Kaufentscheidungen auswirkt. Dies ist ihm wirklich hervorragend gelungen. Ganz besonders toll an der Arbeit fand ich die stringente, wissenschaftlich sehr gute Herangehensweise: beginnend bei den interessanten Experteninterviews, über den Fragebogentest bis hin zur umfassenden, empirischen Erhebung. Die Ergebnisse waren für mich als Marketingprofessor und Freizeit-DJ hochspannend und zeigten ziemlich deutlich, dass die Künstler noch einiges an Potenzial haben, um sich besser zu verkaufen. Am Ende des Tages haben alle DJs komischerweise kein Problem, richtig anständig Geld für ihren Auftritt zu verlangen. In diesem Moment haben sie auf einmal kein Problem mehr mit der schnöden BWL. Herzlich willkommen in der Hall of Fame, eine ganz tolle Arbeit.

Z: Was waren die wichtigsten Inhalte/Erkenntnisse?

B: Die wichtigsten Inhalte waren klar die empirische Studie und die Experteninterviews mit Hans Nieswandt und Markus Kavka, da beide schon weit vor der Auswertung der Studie deren Ergebnisse quasi vorhersagten. Die Ergebnisse aus der Studie und die sich daraus ergebende Sicht der Konsumenten auf die DJs/Produzenten ist wohl DIE Erkenntnis. Die Künstler stecken zuviel Zeit und Energie in eine vermeintliche Marketingmaschine und realisieren nicht, dass sie dadurch den Konsumenten, welcher zwar auch irgendwie den DJ, aber in erster Linie die Musik konsumiert, überfordern.

Z: Wie kam Ihnen die Idee für Ihre Arbeit?

B: Mein eigenes Interesse als DJ und Produzent, war, neben der Tatsache, dass diese Thematik noch nie wissenschaftlich betrachtet wurde, ausschlaggebend, das Thema bzw. die Idee weiter aufzufächern. Hinzu kam der Schritt für Schritt wachsende Anreiz tiefer zu graben, da „die Szene“ jegliche Anfragen von mir zu dieser Thematik abblockte. Künstler, Agenturen und Labels verschlossen sich der Thematik, immer mit dem Verweis auf die Gefährdung des „Spirit“. Ich persönlich glaube, dass man sich nur schützen wollte, da es, wie in jeder Branche, am Ende des Tages auch nur um Geld geht.

Z: Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?

B: Die Interviews mit Nieswandt und Kavka war definitiv ein Highlight, da beide meine Sicht für das Thema wirklich verändert haben. Beide sind sehr kritisch was Musik und die musikalischen Entwicklungen in der elektronischen Musik betrifft. Was ich interessant fand war, dass sich viele Künstler ebenfalls für dieses Thema interessierten und sich daraus viele Gespräche ergaben, die mich nachdenklich gestimmt haben und oftmals auch wegweisend Einfluss auf meine Arbeit nahmen.

Z: Welche Anregungen haben Sie am meisten beeinflusst?

B: Generell habe ich mich von allen Anregungen, auch denen meiner Mutter beeinflussen lassen, da man nie das ganze Konstrukt sehen kann und Teilstücke übersieht. Dennoch muss ich auch hier mit Nieswandt und Kavka antworten, deren Einfluss enorm war. Wenn mir der Blick für das Wesentliche wieder verloren ging, durfte ich mich immer an meine Professor, welcher meine Leidenschaft für Techno teilt, wenden. Er rückte dann meinen Wahnsinn wieder zurecht oder klebte bei so mancher Panne die Scherben wieder zusammen. [Christian Zich: Danke, habe ich gerne gemacht.]

Z: Mit Firma oder ohne Firma geschrieben? Warum?

B: Ohne. Warum? Gute Frage. Man hätte sicherlich einen Partner finden können, vor allem Labels oder Agenturen, allerdings hatten nur sehr kommerziell ausgerichtete an dieser Thematik Interesse und das hätte sich auf die Qualität der Studie sicherlich ausgewirkt.

Z: Was war die größte Herausforderung bei der Arbeit? Wie haben Sie das gemeistert?

B: Die größte Herausforderung war definitiv mein Temperament zu zügeln, vor allem wenn es Schwierigkeiten gab und am Ball zu bleiben nach vielen Absagen. Der größte Schockmoment war, als die Statistiksoftware das Zeitliche segnete. Gemeistert ist übertrieben, eher überstanden. Kaffee getrunken, meine miese Laune im Fitnessstudio abreagiert und mir gesagt, dass es andere auch nicht leichter haben.

Z: Haben Sie einen guten Tipp für gelungenes Zeitmanagement?

B: Eine Tages-To-Do-Liste, Selbstbelohnung (Kaffee, Musik, Fitness, usw.) und sich ein wenig treiben lassen. Außerdem gilt die Faustregel „nur unter Druck entstehen Diamanten“ vor allem am Ende der Arbeit.

Z: Wie viel Zeit haben Sie für die Masterarbeit insgesamt aufgewendet (in Monaten)?

B: Puh, eine sehr gute Frage. Gefühlt waren es Dekaden und in der Realität um die 6-7 Monate. Was teilweise daran lag, dass ich lange auf Antworten warten musste oder mir der Antrieb fehlte ab und an. Es ist schwer sich im schönsten Sommer in die Bibliothek zu setzen.

Z: Was würden Sie heute anders machen?

B: Alles und nichts. Die Suche nach Interviewpartnern würde ich anders gestalten, die Umfrage etwas umfassender, dafür einige Genre in der Auswahl weglassen und mich nicht von Absagen runterziehen lassen. Ansonsten bin ich persönlich sehr zufrieden damit.

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