Das Raubtier in der Prostata – Teil 2, die Überraschung im Briefumschlag

Mailing für ein Prostata-HeilmittelGestern haben wir einen Blick auf ein Mailing geworfen, dass ziemlich viel verspricht und große Wahrscheinlichkeit besitzt, die vollständige Aufmerksamkeit des Adressaten zu erhalten. Das ist wirklich gut. Ich spare mir jetzt ein Unboxing-Video, stattdessen habe ich den kompletten Inhalt des Mailings in Form einer PDF Datei bereitgestellt. Bevor ich in die Bewertung einsteige, möchte ich noch kurz die Herausforderungen reflektieren, die hinsichtlich der Bewerbung eines mehr oder weniger medizinischen Produktes ergeben. Sie bestehen meiner Meinung nach vor allem darin, dass der Adressat ein gesundheitliches Problem hat und – je nach Schwere – einen subjektiv hohen Verzweiflungsgrad hat, der die Empfänglichkeit für bestimmte Botschaften stark beeinflusst. In anderen Worten formuliert: wenn die Schulmedizin versagt, dann greift man eventuell sogar zu esoterischen Behandlungsmethoden, die teilweise dubiose Versprechungen aus dem Hut zaubern.

Vor diesem Hintergrund muss man das vorliegende Mailling betrachten. Die Firma, respektive die dahinter stehende Werbeagentur, wählten einen marktschreierischen Ansatz, der sich für mich aufdringlich und einseitig anfühlt. Aber nun zur Bewertung:

Fällt die Werbung (positiv) auf und ist sie interessant für die Adressaten?

Wie bereits gestern schon kurz bemerkt, der Spruch fällt auf und von außen sieht das Mailings relativ seriös aus. Und die Aufmerksamkeit des Adressaten ist mit großer Wahrscheinlichkeit relativ hoch, mit genauso hoher Wahrscheinlichkeit wird der Adressat den Umschlag öffnen und nicht gleich wegwerfen.

Ist der Inhalt der Werbung leicht zu verstehen?

Und wie einfach der Inhalt zu verstehen ist. Die Firma verspricht die Lösung aller Probleme eines Mannes im fortgeschrittenen Alter. Nun der rein subjektive Teil meiner Bewertung: mir persönlich ist die ganze Aufmachung zu marktschreierisch, es wird für mich persönlich viel zu viel versprochen, darunter leidet die Glaubwürdigkeit. Aber greifen wir doch doch einmal in die Trickkiste der Sozialpsychologie (Yale-Ansatz):

  • Ist der Sprecher glaubwürdig? Er ist Biochemiker und kein Arzt, hat aber einen Doktortitel. Zu 90 % glaubwürdig.
  • Der Mensch lässt sich leichter vom Botschaften überzeugen, die so formuliert wurden, als ob sie nicht zur Beeinflussung des Adressaten gedacht waren. Pech gehabt, die ganzen Botschaften gehen genau in diese Richtung.

Ist das Bedürfnis klar adressiert und die Benefits einfach und deutlich kommuniziert?

Klar, alle Bedürfnisse sind adressiert, dies ist gar nicht mal schlecht gemacht.

Sind die Inhalte leicht zu merken (langfristige Vorbereitung von Kaufentscheidungen)?

Auch hier denke ich, dass das Mailing punkten kann.

Ist ein Call to Action eingebaut?

Der unverbindliche Test wird sicher den einen oder anderen potentiellen Kunden überzeugen. Auch gut gemacht.

Ist die Werbung so interessant, dass ich meinen Bekannten von ihr erzähle?

Ja, weil ich mich über die marktschreierische Gestaltung so aufgeregt habe.

Zusammenfassung: die Kreatividee ist nicht schlecht, aber erstens sind viel zu viele Dokumente im Umschlag gewesen, was dazu führt, dass der eine oder andere Adressat den ganzen Wust an Papier nicht liest und einfach wegwirft. Wenn die Agentur/die Firma nicht gar so dick aufgetragen hätte und die Visualisierung nicht so bewusst auf billig gemacht werde, es wäre durchaus ein Highlight geworden. Ich persönlich vertraue einer Firma garantiert nicht, die einen solchen Ton anschlägt. Ausserdem stört mich die penetrant verwendete Metapher mit dem Raubtier. Aber jeder mag sich seine eigene Meinung bilden und mal alles durchlesen. Viel Spaß dabei.

Der komplette Inhalt: prostata-Raubtier

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