Sind sie auch neugierig? Oder ungeduldig?

Die meisten Menschen werden jetzt wahrscheinlich sagen „Ja, das bin ich!“. Ganz besonders, wenn man ein paar Klausuren hinter sich hat und wie auf Kohlen sitzt, bis endlich die dämlichen Noten aushängen. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn die Wochen nach meinem Examen (Jahrtausende her, 1989) vergingen in einer quälenden Langsamkeit, vor allem weil ich damals der Meinung war, dass ich ein Fach richtig anständig in den Sand gesetzt habe. Daher kann ich sehr wohl nachvollziehen, dass man ganz gerne wüsste welche Noten man hat. So passiert es mir in schöner Regelmäßigkeit, dass Studierende anfragen, ob ich Ihnen denn nicht vorher die Noten sagen könnte. Wahrscheinlich sind die meisten dann furchtbar traurig oder gar sauer, wenn ich dieses Ansinnen rundherum ablehne.

Warum mache ich das? Der Hauptgrund ist der, dass ich zum Zeitpunkt der Korrektur keine Zuordnung von Namen zu Platzziffern habe. Ich müsste also, um die Frage des Interessenten zu beantworten, im Studienzentrum mir diese Information besorgen. Ich habe keine Ahnung was in den Hirnen der Studierenden umherspukt, die eine solche Anfrage stellen. Warum machen wir den ganzen Klimbim denn mit den Platzziffern, den getrennten Anwesenheitslisten und der anonymen Korrektur? Einmal eine Runde nachgedacht und dann kommt man glatt auf den Grund: jeder soll gleichberechtigt behandelt werden und ohne Ansehen der Person soll die Klausur vollkommen neutral bewertet werden. Dies ist gerecht und auch richtig so.

Wenn ich also mir die Zuordnung der Platzziffer zu den Namen besorge, verletze ich diesen Grundsatz. Deswegen vergesse ich in dem Moment, in dem meine Klausuraufsicht beendet ist, alle visuellen Informationen, ich merke mir auch keine Handschriften und schreibe mir auch nicht heimlich Platzziffern und Namen auf. Weil mir Gerechtigkeit und Gleichbehandlung außerordentlich wichtig ist. Jeder soll die gleichen Chancen auf eine unvoreingenommene Bewertung haben.

Außerdem wäre meiner Meinung nach das Klausurergebnis anfechtbar, wenn herauskommt, dass man sich genau diese Informationen besorgt. Denn dann könnte ja ein Studierender behaupten, der Professor oder Lehrbeauftragte würde eine bestimmte Person bevorzugen. In diese Ecke werde ich mich garantiert nicht hinein stellen, auch wenn es keine rechtlichen Konsequenzen hätte. Die doofen Gerüchte wären mir peinlich genug.

Deswegen gibt es bei mir keine Vorabinformationen, auch wenn der Kandidat auf Kohlen sitzt. By the way: ich habe gerade festgestellt, dass ich durch die Korrektur der Klausuren, der Studienarbeiten und meines aktuellen Buches so Land unter war, dass ich einen Monat lang keinen Blogbeitrag geschrieben habe. Aber langsam sehe ich wieder einen Hoffnungsschimmer am Horizont. Stay tuned.

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