Marketing 4.0, oder wie man aus einer Worthülse einen interessanten Ansatz macht. Teil 3 oder: Do Websites really sell?

Do Websites really sell? Was für eine blöde Frage, wird sich vielleicht der eine oder andere von ihnen jetzt denken. Klar, logisch verkaufen die Onlineshops und Websites. Schließlich hat ja fast jeder schon mal über eine dieser Seiten gekauft bzw. ist zu einem Kauf angestiftet worden. Aber dies ist nur die halbe Wahrheit, denn Verkaufen ist weit mehr als nur die Triggerung eines Bedürfnisses und damit sind wir mitten im Kern meines Buches. Lange ist es her, seit ich den 2. Teil zu meiner Version des Marketing 4.0 geschrieben habe, aber gut Ding  bzw. die Finalisierung braucht manchmal etwas mehr Weile. Ich habe in der Zwischenzeit den größten Teil des Buches fertig gestellt, schon in 2 Vorträgen inhaltlich getestet und jetzt steht nur noch der Korrekturlauf an. Deswegen kann ich jetzt auch auf eine finale, inhaltliche Definition zurückgreifen und diese gleichzeitig in einem spannenden TEDx-Vortrag verpacken.

Marketing 4.0Der Titel dieses Vortrages (Do Websites really sell?) umschreibt den inhaltlichen Schwerpunkt relativ gut, denn meiner Meinung nach besteht bei den meisten Websites ein riesengroßer Nachholbedarf hinsichtlich deren Verkaufsorientierung. Sehen wir uns doch beispielsweise die Microsoft-Seite zum Surface an und halten uns kurz vor Augen, welche Gründe der Besuch dieser Seite wirklich hat:

  • Vielleicht möchte ich mich über das Produkt informieren und damit mein Bedürfnis konkretisieren, ob das Surface wirklich alle meine Wünsche erfüllt bzw. die Probleme löst, die ich mit anderen mobilen Computern (Laptops, Tablets) habe.
  • Vielleicht bin ich aber auch schon in der Entscheidungsfindung etwas weiter und weiß was ich will, bin mir aber noch nicht sicher ob ein Konkurrenzprodukt/ein Substitut meine Wünsche wirklich besser erfüllt.
  • Vielleicht möchte ich aber auch direkt kaufen, dann interessiert mich der Inhalt dieser Seite relativ wenig, denn ich bin ja bereits bestens informiert.

Diese 3 Szenarien sind weder konstruiert noch an den Haaren herbeigezogen, sondern ganz alltägliche Situationen. Sehen wir uns nun ganz kurz an, ob die Seite diesen Anforderungen gewachsen ist und dem Kunden hilft, die Probleme zu beantworten. Der Einstieg in die Seite beginnt mit 2 Sätzen: Für die besten 24h des Tages. Mit der Vielseitigkeit und Leistung von Surface sind Ihrem Erfolg keine Grenzen gesetzt. Großartiges schaffen. Schön formuliert, aber im wesentlichen austauschbar und ziemlich platt. Hilft dir das weiter und beantwortet dies meine Fragen, die mit den ersten zwei Szenarien verbunden sind? Eher nein. Aber geben wir der Seite noch eine weitere Chance. Etwas weiter unten finden sich 3 verschiedene Bilder, die 3 Kriterien erklären: Leistung, Vielseitigkeit und fortschrittliche Technologie. Sehen wir uns kurz die 3 Texte an:

  • Die Leistung eines Laptops. Jedes Surface wird Ihren Anforderungen an einen vollwertigen Laptop gerecht. Ob Sie im Unterricht mit Surface 3 Notizen machen, Ihr Surface Pro 4 auf Ihrem Schreibtisch im Büro andocken oder im Designstudium einen Comic zeichnen – Sie bekommen immer die Leistung, die Sie brauchen.

Schön, aber im Büro andocken können viele andere Laptops auch, allerdings werden nur die wenigsten ein Design Studium absolvieren und einen Comiczeichnen dürfen und anscheinend ist das Surface 3 nur für den Unterricht gedacht. Hilft mir das bei der Beantwortung der Frage, warum sich diese Produkte von anderen Laptops positiv abheben? Eher nein. Interessanterweise ist auf den Schlüsselbild ein DJ abgebildet, der mit dem Surface auflegt. Passt auch nicht für die meisten Zielgruppen. Ich selber habe ein Surface seit einem Jahr und ich habe es mir gekauft, weil es im Gegensatz zum IPad ein vollwertiges Arbeitsgerät ist. Für Spiele ist es dagegen weniger geeignet, aber dies interessiert mich persönlich relativ wenig. Finde ich dazu etwas? Auch Fehlanzeige. Sehen wir uns daher den nächsten Block an Argumenten an

  • Vollgepackt mit Innovationen. Bei der Entwicklung und Fertigung von Surface-Geräten legt Microsoft größten Wert auf fortschrittliche Technologie und höchste Präzision. Dank der PixelSense™-Technologie für eine Wiedergabe in bestechender Qualität, der unglaublich leistungsfähigen Intel® Core™-Prozessoren der 6. Generation und des Surface-Stifts setzt jedes Modell der Surface-Familie in seiner Kategorie völlig neue Maßstäbe.

Upps, da war wieder das Problem mit den Fachausdrücken verbunden mit ziemlich nichtssagenden (Ausnahme: bestechende Qualität) Allgemeinplätzen. Auch hier komme ich definitiv mit der Beantwortung meiner Fragen nicht weiter.

  • Vielseitigkeit, die keine Wünsche offen lässt. Surface ist mit einem Handgriff von einem Laptop in ein Tablet verwandelt. Es funktioniert überall, wo auch immer Sie es gerade benutzen, und lässt sich problemlos mit Ihren anderen Geräten verbinden. Mit mehreren Anschlüssen und der Möglichkeit, den Surface Pen intuitiv einzusetzen, definiert Surface Produktivität völlig neu, egal ob im Büro oder unterwegs.

Hat sich einer der Microsoft-Mitarbeiter mal wirklich kritisch diesen Text durchgelesen? Die Verwandlung von einem Laptop in ein Tablet beherrschen immer mehr Produkte, vor allem weil das Surface ein Erfolg war. Warum dann genau das Surface? Schön, dass man das Gerät mit anderen Geräten verbinden kann, eine ganz tolle Innovation. Da sich eine Maus über den USB-Anschluss anschließen kann oder per Bluetooth mein Handy koppeln kann ist leider keine Erfindung von Microsoft, dies können andere Konkurrenzprodukte auch. Vielleicht wäre es auch schön, wenn hinter dem intuitiven Einsatz des Surface-Stifts etwas mehr Fleisch dahinter wäre, denn auch diese Funktion beherrschen andere Hersteller inzwischen auch. Mich persönlich ärgert immer ganz besonders, dass die Spitze des Surface-Stifts nie ganz exakt (Apple kann das besser) dort erscheint, wo ich sie erwarte, sondern immer etwas versetzt. In diesem Falle neige ich mich ganz intuitiv über diese fehlende Exaktheit, aber vielleicht bekommt dies Microsoft einmal in den Griff.

Und jetzt wagen wir den Sprung, den ich im Buch gemacht habe, wir verbinden die Struktur eines Offline-Verkaufsgespräches mit den neuen Plattformen. Es wäre – technisch gesehen – ein einfaches, ein Frage-Antwort-Spiel einzubauen, um die Kunden dabei zu unterstützen, das Bedürfnis zu konkretisieren und aus der Auswahl der Alternativen die richtige Lösung auszusuchen. Eine Aufgabe, die ein guter, fachkompetenter Verkäufer mit etwas Gespür für den Kunden problemlos beherrschen sollte. Finde ich dies auf diesen Seiten? Eher nein. Obwohl jede Firma durchaus die Möglichkeit hätte, den Kunden auf der Website/im Onlineshop zu lenken, zu leiten und zu beraten. Stattdessen wird der Kunde in ein ziemlich langes und zeitraubendes Selbst-Verkaufsgespräch geschickt, denn er muss sich durch hunderte von Unboxing-Videos, Testberichte, Kundenrezensionen, etc. kämpfen, um die wichtigsten Antworten zu bekommen und damit die richtigen Entscheidungen zu treffen. Bringen wir’s ganz kurz auf den Punkt: die große Herausforderung in den nächsten Jahren wird es sein, die ganzen Informationen die von CRM-Systemen bzw. im Rest des Internets gesammelt wurden, mit Kunden- und Anwenderprofilen zur Deckung zu bringen, um daraus ein ein optimales, webbasiertes Verkaufsgespräch zu designen. Wie das gehen könnte und welche Fehler dabei gemacht werden, gibt es nächstes Jahr im Frühjahr im Buch zu lesen aber wahrscheinlich kann ich es mir nicht verkneifen, einige Blicke in die Beispiele hinein zu werfen, die ich verarbeitet habe.

Damit wären wir schon fast am Schluss angelangt, aber es fehlt noch ein letzter Punkt in der Methodenübersicht (Abbildung!), die flexiblen Preise. Aufgrund der Möglichkeiten, die Technik bietet, können Preise hervorragend an die Wettbewerbssituation, die finanzielle Belastbarkeit des Kunden (abgeleitet aus Adressdaten, Telefonnummern, Einwahlpunkten, Kaufhistorie, etc.) und die aktuelle Nachfrage angepasst werden. Inzwischen schon fast ein alter Hut. Bis zum Erscheinen des Buches werde ich mich noch in die Korrekturarbeit stürzen und dabei sicher das eine oder andere Juwel in Form eines Blog-Beitrags veröffentlichen. Daher heißt es wie immer Stay tuned.

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